L O N D O N
Hammersmith Apollo
04. + 05. November
London. Yusuf hat offenbar wieder so richtig Lust, Cat Stevens zu sein. Beim Auftakt seiner Europatour, die den 66-Jährigen am 13. November in die Wiener Stadthalle führt, präsentierte sich der Brite am Dienstagabend beim Heimspiel in London so, wie ihn seine Fans lieben: als Pop-Troubadour mit Hits, die sich in die Gehörgänge schmiegen. Als Draufgabe machte er den Bluesman.
"Seid ihr gekommen, um Cat Stevens oder Yusuf zu sehen?", fragte der Musiker, der sich nach einer Nahtoderfahrung und dem Übertritt zum Islam Ende der 70er-Jahre aus dem Showgeschäft komplett zurückgezogen hatte. Seit 2006 veröffentlicht er unter Yussuf wieder Popplatten, mit dem aktuellen Album "Tell 'Em I'm Gone" (Sony) ist ihm auch wieder ein relevantes Album gelungen. "Ihr bekommt heute Zwei für einmal zahlen", kündigte Yussuf/Cat Stevens - wie man ihn mittlerweile schreiben "darf" - dem Publikum in dem innerhalb weniger Minuten ausverkauft gewesenen Eventim Apollo an.
Alte Klänge
Zum Auftakt des Konzertes, eingeläutet von einer Bluesgitarre, aus der sich ein Fragment des Stevens-Klassikers "Peace Train" schälte, gab es eine gute Stunde lang den Pop-Barden, der mit Hits
wie "The Wind", "Wild World", "The First Cut Is The Deepest" oder "Where Do The Children Play" Evergreens geschrieben hat. Diese Lieder standen ganz oben am Programm. Und trotz des kurzen "Peace
Train"-Einstieges (das komplette Lied folgte am Ende) musste man sich nicht wie auf der Tournee von 2011 damit begnügen, die großen Erfolge teilweise in Medleys serviert zu bekommen. Cat Stevens
- ja genau, Cat Stevens und nicht Yusuf gab zunächst den Ton an - brachte sie mit viel Verve, unterstützt von einer Band, die auch mal laut werden konnte.
"Peace Train ... Late Again" lautet das Motto der Tournee. Den Frieden suchte Yussuf mit seinen Songs, auf große Reden verzichtete er an diesem Abend. Auch wenn der Bahnhof, der als Kulisse dient, auf dessen Veranda bzw. Vorgarten die Protagonisten stehen, durchaus kitschig wirkt, hat Yussuf den Schmalzfaktor deutlich zurückgefahren.
Eine gute Mischung
Mit dem ersten richtigen Schlager aus der Feder von Cat Stevens hatten The Tremeloes in den Sechzigern reüssiert: "Here Comes My Baby", das Yussuf gestern als wunderbaren Bubble-Gum-Pop
aufbereitete. Dass er seine Stücke "gerne etwas anders arrangiert", wie der Künstler betonte, tat etwa "Bitterblue" nur gut. Manche Yussuf-Beiträge ("Roadsinger" insbesondere) fügten sich fast
nahtlos zwischen die Stevens-Hits ein, andere wiederum schleppten viel Pathos mit - da kam die eingestreute Coverversion des Beatles-Geniestreichs "All You Need Is Love" gerade recht.
Mut hat er: Nach einem umjubelten Greatest-Hits-Teil stand das neue Werk im Mittelpunkt - nämlich mit allen darauf vertretenen Nummern am Stück. Da wurden die Bluesgitarren ausgepackt, da passte es perfekt, dass die Stimme des Sängers mittlerweile etwas rauer geworden ist. Mit dem "Editing Floor Blues" nahm Yussuf musikalisch zu Vorwürfen gegen seine Person Stellung. Die Zeitungen hätten ihn falsch wiedergegeben bzw. die Wahrheit verschwiegen, wie es in dem Lied heißt. Der Engländer stand mehrmals wegen angeblicher homophober und frauenfeindlicher Äußerungen in der Kritik, außerdem soll er den Mordaufruf gegen den Schriftsteller Salman Rushdie gerechtfertigt haben.
Aber darüber machte sich wohl kaum jemand Gedanken, vielmehr setzte es Standing Ovations beim großen Finale mit "Moonshadow", "Morning Has Broken", "Father & Son" und eben "Peace Train". Die Welt hat Cat Stevens wieder.
[wienerzeitung.at, 05. Nov. 2014]
There are two names on the outside of the venue, and the evening’s bearded, avuncular star is aware of the absurdity of this situation. “Who have you come to see?” he asks. “Yusuf or Cat Stevens?”
Whatever his name is, he has one of the most singular backstories in contemporary music history. Cat Stevens was a truly engaging and prolific singer-songwriter until 1979 when he converted to Islam, changed his name to Yusuf Islam and vanished from the music industry for 27 years – an absence that he jocularly refers to tonight as “taking a short break”.
He was quite a loss. The first of the two sets that he plays here shows that, at his peak, he had an almost McCartney-esque gift for sublime melodies and whimsical, big-hearted lyricism. Quicksilver ditties such as Wild World and the yearning, open-wound The First Cut is the Deepest are insatiable, intoxicatingly breathless folk-pop. The delicately reflective Moonshadow could even give hippy mysticism a good name.
The tone shifts in the second half of the evening when he showcases his new album, Tell ’Em I’m Gone. It’s a tribute to the deep south R&B he loved in his youth, but his nimble talent is buried beneath its bluesy plod.
His own material such as I Was Raised in Babylon and Gold Digger is little more than adequately generic; the covers of Procol Harum’s The Devil Came from Kansas and the 1930s standard You Are My Sunshine are superfluous.
The audience listens patiently and politely, but the roars that greet the set-closing Father and Son and a rambunctious encore Peace Train answer the question that Yusuf Islam posed at the start of the night. They have come to see Cat Stevens.
[theguardian.com, 05. Nov. 2014]
Performing old favourites and new songs,
the singer continues his return from self-imposed exile
Like the Bosphorus, east and west meet in Yusuf Islam, formerly Cat Stevens. The passage hasn’t always been smooth. When the Londoner, confused by fame and disgusted by the music industry, converted to Islam in 1979 he took the name of a prophet who had been enslaved. A “little bit of a break” followed (as he joked tonight) when he stopped touring and playing music. But the lure of the stage proved too strong.
His new album Tell ’Em I’m Gone cements a return to pop that began with 2006’s An Other Cup. Produced by Rick Rubin, it explores his youthful love of US R&B and blues. Next month he is due to go on his first American tour in 36 years, a rapprochement with a nation to which he was insultingly refused entry in 2004 amid anti-Muslim paranoia. US authorities weren’t humming “Peace Train” that day.
The staging at the Apollo was an olive branch to the US. Yusuf/Cat Stevens (to use the bifurcated stage name he currently goes under) entered through a full-scale mock-up of an old western railway station, the sound of a spaghetti western soundtrack whistling around him. But the Americana theme was thinly applied.
His set list was split in two, segregated between old and new material. The back catalogue came first, performed with a five-strong backing band. Yusuf, 66, sang well. His voice was smooth and calming, a warm, open presence. The likes of “Wild World” and “The First Cut Is the Deepest” were rapturously received. But his gentle 1970s folk-pop, sugared with simplistic pieties about spiritual quests and love, came across as quaint period pieces.
The new songs, to their credit, tried to bridge the two sides of Yusuf/Cat Stevens. “Editing Floor Blues” was a punchy Muddy Waters-aping diatribe about press controversy over supposedly misreported remarks the singer made following Salman Rushdie’s fatwa in 1989. A Tinariwen sample added a North African twist to a surprisingly funky reboot of the old chestnut “You Are My Sunshine”. But cries from fans for old hits riled Yusuf. “You can wait until the end,” he snapped.
A final run of hits saw him return to the emollient style of before, climaxing with “Peace Train” and a cheesy double-thumbs-up. The conciliatory mode was understandable but superficial. Yusuf has a fascinating and complex relationship with his music. As a performer he appears to lack either the depth or the will to explore it properly.
[ft.com, 05. Nov. 2014]
Auftakt der "Peace Train … Late Again"-Tour von Steven Demetre Georgiou alias Yusuf/Cat Stevens, 66, im Hammersmith Apollo am Dienstag: Der 66-Jährige, der in den frühen 70er-Jahren Welthits wie "Moonshadow" und "Wild World" hatte, nimmt sich selbst auf die Schaufel. "Seid ihr gekommen um Cat Stevens oder Yusuf zu sehen?" Und stellt gleich drauf fest, das sei ohnehin egal.
Stevens wirkt viel lockerer und gesprächiger als noch vor drei oder vier Jahren: Er geht oft, stets humorvoll und selbstironisch auf Zurufe aus dem Publikum ein, erzählt Anekdoten und bietet das, was die Leute hören wollen: die alten Hits.
Dazu Songs wie "First Cut Is The Deepest", den Rod Stewart berühmt gemacht hat, aber von dem keiner mehr weiß, dass er aus der Feder von Cat Stevens stammt.
Mit einer Coverversion von "All You Need Is Love" lockert er geschickt die melancholische Atmosphäre auf, die seine eigenen "Denker-Songs" verbreiten. Der Mix gefällt nicht nur den Älteren, den Fans von damals, sondern auch jungen Leuten, Studenten hauptsächlich.
Nach der Pause geht Yusuf/Cat Stevens erstmals auf sein Ende Oktober erschienenes Album "Tell ’em I’m Gone" ein. Damit hat er sich dem Blues zugewandt. "Hinter meiner Troubadour-Persönlichkeit hat immer schon ein R&B-Alter-Ego gelauert, das darauf gewartet hat, freigelassen zu werden", erzählte er kürzlich dem Magazin Rolling Stone. "Interessant war dabei, dass sich daraus automatisch eine Botschaft ergeben hat, die sich durch alle Texte zu ziehen scheint."
Obwohl Stevens für das Album neben fünf eigenen neuen Titeln auch Coverversionen von Songs von Procol Harum und Edgar Winter aufgenommen hat, haben alle das Thema Freiheit gemeinsam. "Wir leben in einem ewigen Kampf um Freiheit", sagt Stevens. "Selbst heute, wo viele Leute in Freiheit leben, sind wir doch etwa an die Technologie oder viele andere Dinge gekettet.
Aber ist Freiheit nicht das, wovon die meisten Menschen träumen? Musik und speziell der Blues waren immer schon ein Mittel für die Menschen, aus den Abhängigkeiten von den Reichen und Mächtigen auszubrechen."
Vielleicht weil ihm diese Botschaft so wichtig ist, spielt Stevens "Tell ’em I’m Gone" im zweiten Teil der "Peace Train … Late Again"-Show komplett durch. Was die Zuschauer bei jedem anderen Act langweilen würde, funktioniert hier perfekt:
Der Blues und die raueren Gitarren bringen noch einmal eine ganz neue Facette, ein anderes Feeling in das Konzert. Nur einer ruft zwischendurch nach "Peace Train", einem der alten Hits. "Warte auf das Ende", mahnt Stevens. Schließlich hat er die Show danach benannt, die Bühnen-Deko als Bahnhof gestaltet. Doch vor dieser umjubelten Zugabe, gibt es nach dem Blues-Teil noch die restlichen Hits:
Bei den Klassikern "Morning Has Broken" und "Father And Son" singen alle mit: die Studentinnen aus Brighton, die Fans von früher und sogar die vorher noch so kühle, strenge Platzanweiserin.
[kurier.at, 05. Nov. 2014]
“Be patient,” urged Yusuf Islam, as requests to play his hits interrupted his first gig in five years. Since the singer-songwriter formerly known as Cat Stevens converted to Islam in 1979, his return to music has been gradually spun out over the past two decades. His new record, Tell ‘Em I’m Gone, has seen Islam morph into a kind of bluesy preacher. But his fans yearn for the floppy-haired Sixties pop idol and plaintive Seventies soul-searcher as well.
The question was: which musician were we likely to see? Arriving on a theatrical stage designed to look like an old railway station, the guitar-toting troubadour opened with the first few verses from Peace Train, an earnest 1971 track from which this tour takes its name. “Did you come along for Yusuf or Cat Stevens?” he asked the audience, after a heartfelt rendition of his Seventies hit Wild World. “Well, tonight, you get both.”
This was great news for the crowd who joined him on a spiritual journey through his back catalogue – including a stomping version of If You Want to Sing Out, Sing Out – in the first hour of his two-hour set. Backed by his tight five-piece band, the 66-year-old Londoner sounded majestic, his vocals huskier than they used to be but still capable of springing from hazy, melodious introspection to emphatic outrage.
If the first half of the set was a triumph, the second, which followed an intermission, lagged slightly by focusing almost entirely on his desert-blues inflected new album. A mix of covers and wryly observed originals which tackle themes of intolerance and self-discovery, Tell ‘Em I’m Gone is an accomplished record and live, Islam’s take on Edgar Winter’s Dying to Live and Editing Floor Blues – in which he angrily addresses the brouhaha surrounding his support of the 1989 fatwā against Salman Rushdie – felt the most like vintage Stevens. Yet the audience, many of whom were in their fifties and sixties, still begged for his beautiful, emotionally raw 1970 ballad Father and Son. When it eventually arrived, my mother, a Stevens fan for half a century, wept.
The song was worth the wait.
[telegraph.co.uk, 05. Nov. 2014]
Der Friedenszug hat Verspätung – das spürt die Welt zurzeit besonders stark. Doch Yusuf Islam, besser bekannt als Songwriter- Legende Cat Stevens, hat einen Weg gefunden, die Wartezeit zu füllen. Mit Musik, die nach Friede, Freude und Freiheit klingt.
"Unsere Tour ist einzigartig, wir bringen einen eigenen Bahnhof mit", schmunzelte Cat Stevens schon im Vorfeld im Interview. Diese Woche machten er und seine Band zum ersten Mal Station in ihrer Station. Im schönen Rahmen des Hammersmith- Apollo- Theaters in London startete Stevens die "Peace Train... Late Again"- Tour.
Es wirkt, als ob lange kein Zug mehr vorbeigeschaut hätte bei dem verschlafenen Wartehäuschen, das zum Schauplatz einer nostalgischen Erinnerungstour wird. Denn genau zu der lädt der Mann mit seiner warmen, vertrauten Stimme und den großen ewigen Hits wie "Moonshadow", "Wild World", "The First Cut Is The Deepest" und launigen Coverversionen wie zum Beispiel dem Beatles- Klassiker "All You Need Is Love" ein.
Die erste Hälfte ist ganz dem alten Cat Stevens gewidmet, nach der Pause steht dann Yusuf und seine neue Platte "Tell 'Em I'm Gone" im Fokus. Die Songs mögen zwar neu sein, sie passen aber dennoch perfekt zur musikalischen Zeitreise des Abends. "R&B hat mich sehr geprägt, als Teenager habe ich die großen Blues- Musiker gehört", erinnert er sich im Interview. "Die Beatles, The Yardbirds, The Animals – wir wurden alle von der gleichen Musik geprägt. Und ich wollte eben eine CD aufnehmen, die diese Einflüsse reflektiert."
Zum Schluss, nach "Father & Son", kommt der "Peace Train" dann doch noch unter Jubel an – in Form des legendären Hits. Und Yusuf macht klar, dass er nicht aufhören wird, den Frieden zu erhoffen und zu besingen...
[krone.at, 07. Nov. 2014]
Four decades ago, folk legend Cat Stevens converted to Islam, changed his name to Yusuf Islam and all -but- vanished from the stage. Now he is back, with a world tour hoping to bridge the gap between his two identities.
The 66-year-old British singer has had his share of controversy but his return to the spotlight this week in his native London confirmed that his voice at least, soft yet powerful, can drown out all the noise.
On tour, he is performing songs from his new album - the bluesy
"Tell 'Em I'm Gone" - as well as classics from his 1960s and 1970s heyday such as "Wild World", "Moonshadow" and "Peace Train".
Despite scepticism from some fellow Muslims about his musical return, Yusuf told AFP in an interview that he sees no contradiction between faith and performance.
"I was getting criticism from the Muslim community: why are you picking up a guitar again? What's happening to you?" he said as he began a string of European gigs ahead of his first US tour in more than 35 years.
"I say: listen to me, this is part of Islamic civilisation, we have lost our contact with it, we lost our vibrant approach to life and to culture."
Born in London, now living in Dubai, the singer sums up his dual identity: "I'm a mirror glass for the Muslims as well as the Western world (which) looks at me in a slightly different way, but they are looking in the same mirror."
A balancing act pulled off, according to The Independent's reviewer, in a comeback performance described as "beatific waves washing over a crowd ranging from young hijab-wearing women to older fans needing wheelchairs and walking sticks."
"If the emanations from any stage could actually influence world peace, the man sometimes still known as Cat Stevens provides them tonight," wrote the paper.
- From no-fly list to 'very welcome' -
Yusuf's return to the United States comes 10 years after he was banned from the country after his name appeared on a no-fly list -
a fact he blamed on mistaken identification.
"I feel very welcome now," he said, describing his inauguration into the Rock and Roll Hall of Fame in 2014 as a "significant moment where they kind of remembered me".
"I think it's gonna be pretty good, I'm hoping," he said.
He said he likes performing songs that will be "familiar" to his audience.
"One song I do is 'The First Cut is the Deepest'. I try to remind people I wrote that song, not Rod Stewart!" he said.
When he first converted to Islam in 1977, Yusuf hung up his guitar to dedicate himself to philanthropic and educational work.
He attracted controversy in 1989 when he defended the fatwa issued by Iran's Ayatollah Khomeini calling for Muslims to kill British author Salman Rushdie for blasphemy.
He later dismissed his remarks as in bad taste, but there are many who still reproach him for not apologising.
After his US experience, two British newspapers alleged that he was involved in terrorism. Yusuf successfully sued them for libel, but the whole experience has left its mark.
"It's always on the knife's edge as far as I am concerned," he said of his relationship with the media. "I can never quite trust anybody anymore."
Like most performers, Yusuf continues to pay close attention to his image, which mixes rock and roll with spirituality through a biker's jacket, sunglasses and a white beard.
"Control" is a word that was often heard on his lips - during a rehearsal he lambasted a cameraman for filming him from a bad angle - but he can also be warm and affable.
Born Steven Demetre Georgiou, to a Greek father and a Swedish mother, he now prefers to use his two other names side-by-side.
His website, his album cover, the signs at his concert venues and the T-shirts sold inside all feature Yusuf and Cat Stevens.
"People who want to remember me as Cat Stevens -- welcome. Those who want me as Yusuf, you're here," he said.
[uk.news.yahoo.com, 07. Nov. 2014]
W I E N
Stadthalle
13. November
Donnerstagabend wurde die Wiener Stadthalle in Melancholie und Nostalgie getaucht - Folk- Legend Yusuf hat das "Islam" abgelegt und mit Cat Stevens Frieden geschlossen.
Das Ergebnis? Eine zweieinhalbstündige Machtdemonstration des vielleicht besten aktiven Singer/Songwriters der alten Garde.
Wie oft haben sich Gesinnung und Launen von Yusuf alias Cat Stevens über die Jahre schon gewandelt? Man weiß es nicht so ganz genau. Nachdem der erfolgreiche britische Musiker im Dezember 1977 nach Studieren eines Korans nicht nur den Namen Cat Stevens, sondern auch seine musikalische Karriere ad acta legte, dachte niemand mehr an ein Comeback. In den verblendetsten Zeiten seines Lebens unterstützte er die Mordaufrufe gegen Schriftsteller Salman Rushdie, sah Homosexualität als eine Sünde an und legte sogar die Gitarre nieder, weil das westliche Instrument nicht zu seinem religiösen Lebensstil passe.
Es hat bei dieser Biografie einen durchaus schalen Beigeschmack, dass seine derzeitige Best- of- Tour unter dem Banner "Peace Train… Late Again" firmiert und sich der mittlerweile 66- Jährige gut zehn Jahre nach seiner musikalischen Rückkehr wieder als der Folk- begeisterte Hippie gibt, als der er einst seine größten Erfolge feierte. In einer sportlichen Lederjacke mit cooler Sonnenbrille und sichtlich guter Laune zeigt sich Yusuf (das "Islam" im Namen hat er mittlerweile abgelegt) den etwa 4.500 Fans in der Wiener Stadthalle und somit nichts weniger als die personifizierte Antithese zu seinem eigenen Alter Ego.
Ganz dem Tour- Motto entsprechend ist auch das wohlige Bühnenbild gestaltet. Auf der Videoleinwand ist eine Art amerikanische Westernstadt mit Windrad, Holzbaracken und staubigem Boden zu sehen, davor steht eine wahrhaftig aufgebaute Bahnhofshütte mit dem passenden Schild "Vienna" und unzähligen kleinen Details, welche die Zuseher so stark wie möglich in den Bann der Show ziehen sollen. Die
auf zwei Teile aufgesplittete Sause lässt auch wenig Wünsche übrig – vor allem in den ersten 50 Minuten überzeugt der ergraute, aber körperlich sichtlich in Topform stehende Musiker, welch große Hits er im Laufe seiner jahrzehntelangen Karriere schon produziert hat.
Da reiht sich ein "Here Comes My Baby" an das legendäre "Moonshadow", setzt er sich beim "Last Love Song" erstmals ans Piano und gibt "Bitterblue" in einer veränderten und modernisierten Version zum Besten. Ein stets starker Rückhalt – seine hervorragend eingespielte, fünfköpfige Band, die sich instrumental keinen Schnitzer erlaubt und den ungewöhnlich guten Sound in der Stadthalle erst vollends zur Geltung bringt. Die aber mit Sicherheit schönste Überraschung ist seine Sicherheit im Stimmbereich. Im Gegensatz zum Krächzkonzert von Bob Dylan im Frühjahr überzeugt Yusuf/Stevens mit einer gehaltvollen und eindringlichen Vokalleistung wie in seinen besten Tagen. Ein seltenes, aber umso wertvolleres Gut bei Musikern im frühen Karrierewinter.
Der Künstler selbst wirkt entspannt, ausgeruht und mit sich selbst im Reinen. Mit dem Publikum schäkert er selten, aber sympathisch – etwa als er zu Beginn des zweiten Konzertteils mit einer an einer Eisenkette befestigten Stahlkugel auf die Bühne zurückkehrt und betont, dass nach dem Auftritt wieder seine Frau die Zügel in der Hand habe. Das Wiener Publikum dankt es Yusuf mit zunehmendem Applaus, auch in den Zuschauerreihen scheint man dem kontroversen Künstler mittlerweile sämtliche verbale Ausrutscher verziehen zu haben.
Rein musikalisch gibt es aber auch nichts zu bemängeln. Mit "Morning Has Broken", "Maybe There's A World", das nahtlos in das Beatles- Cover "All You Need Is Love" übergeht und "If You Want To Sing Out" scheint Yusuf schon in der ersten Halbzeit alles zu verbraten, doch weit gefehlt. Auch wenn er im zweiten Teil unter anderem mit dem "Editing Floor Blues" oder der Anti- Apartheid- Hymne "Gold Digger" sein neues Studioalbum vorstellt, bleibt er den unsterblichen Klassikern treu. Mit "Love My Dog" hat er sogar seinen ersten großen, 48 Jahre alten Hit im
Talon, an den sich nur mehr die wenigsten zurückerinnern.
Die Vielseitigkeit in der Stimme und beim Gitarrenspiel machen die besondere Magie dieses Abends aus. "Sad Lisa" ist eine Referenzballade am Piano, das von Rod Stewart bekannte "The First Cut Is The Deepest" sorgt für Gänsehautmomente und das berührende "Father & Son" bei so manchen sogar für Tränen. Dazwischen nimmt Yusuf/Stevens auch seine geliebte E- Gitarre in die Hand, um beim Procol- Harum- Cover "The Devil Came From Kansas" den Rock in den Vordergrund zu stellen.
Auf "Wild World" und den "Peace Train" müssen die Fans bis zur Zugabe warten, aber die samt Pause mehr als zweieinhalbstündige Show lässt keine Wünsche offen. Die starke Songauswahl, gemischt mit dem hervorragenden Sound, der wunderschönen Kulisse und Yusufs/Stevens stiller Präsenz sorgen für bedächtiges Staunen. Ob es
Altersmilde oder schlichtweg eine Rückbesinnung auf die musikalischen Werte ist, sei in diesem Fall egal, denn in dieser Verfassung ist der Brite stärker als je zuvor. Hoffentlich bleibt der "Peace Train" noch einige weitere Jahre auf Schiene, die Gefahr einer musikalischen Entgleisung besteht zumindest nicht.
[krone.at, 14. Nov. 2014]
Der “Peace Train” ist mit Volldampf unterwegs und machte
in Wien Station: Cat Stevens/Yusuf sorgte beim Konzert am Donnerstagabend in der Stadthalle dafür,
dass es nicht nur ein Nostalgie-Bummelzug wurde,
sondern auch ein flotter Blues-Express.
Die Fans waren hingerissen, der mittlerweile 66-jährige zeigte sich
bei seiner großen Comebacktour in bester Spiellaune.
Cat Stevens hat nach langer Zeit wieder ein beachtliches Album veröffentlicht: “Tell ‘Em I’m Gone” dürfte den Hit-Lieferanten der Flower Power-Zeit – ganz im Gegensatz zum Titel – wieder zurück ins Rampenlicht spielen. Und das, obwohl der Musiker als Stilbruch zu seiner früheren Zeit und der Periode nach seiner Hinwendung zum Islam jetzt auf Blues setzt. Und so mischt er bei der aktuellen Tour gekonnt Altes und Neues – was schon beim Auftakt in London vor eineinhalb Wochen funktioniert hat, begeisterte auch die Wiener Stevens/Yusuf-Fans.
Erstes Gänsehaut-Feeling bei “Moonshadow” am Beginn, Fortsetzung mit gefühlvollen Peace/Love/Happiness-Hadern wie “Morning Has Broken” und “Wild World”. Mehr als in London, als Stevens/Yusuf die Schaffensperioden in zwei Blöcke getrennt hatte, mischte er in Wien sein Programm: Auf Altbewährtes folgten recht fetzige Elektro-Blues-Nummer des neuen Albums – mit großer Spielfreude des Meisters an der E-Gitarre.
Die intensivsten Momente: “Last Love Song” mit Stevens/Yusuf an den Keyboards, ebenso wie bei “Sad Lisa”, und vor allem ein absolut grandioses “Father and Son” zum Ende des zweiten Sets. Ab dann waren alle Konzertbesucher in jeder Beziehung “von den Hockern”, strömten zur Bühne und feierten mit dem von der Publikumsreaktion sichtlich überwältigten Cat Stevens/Yusuf die Zugaben. Eine Zeile aus “Father and Son” galt da wohl für Star und Fans gleichermaßen: “I am old, but I’m happy”.
[viena.at, 14. Nov. 2014]
Träume vom Paradies und Erinnerungen an jugendliche Ausschweifung: Yusuf, der einst als Cat Stevens weltberühmt war, begeisterte in der Wiener Stadthalle.
Angesichts des rabiaten Umgangs der Zeit mit dem menschlichen Rohmaterial tat Steven Demetre Georgiou vulgo Cat Stevens gut daran, sich wieder seines eigentlichen Talents zu erinnern: des Ersinnens anmutiger Melodien. Menschliche Hinfälligkeit ist ja auch für gläubige Muslime wie Yusuf – so nennt er sich seit 1977 – nicht so einfach zu akzeptieren. Sein Comeback-Album „Another Cup“, das er 2006 nach 28 Jahren Pause veröffentlichte, wurde allseits begrüßt. Um wieder in kreativen Fluss zu kommen, hatte er damals sein Jugendzimmer, in dem all seine Hits entstanden waren, nachgebaut. Was ihm dort einfiel, war okay, reichte aber nicht an die Magie des Frühwerks heran. Erst das heuer veröffentlichte Opus „Tell 'Em I'm Gone“ hat wieder den Esprit, der seine Klassiker „Tea For The Tillerman“ und „Teaser And The Firecat“ auszeichnete.
Das wirkte sich auch auf seine umjubelte Darbietung in der Stadthalle positiv aus. Der erste Eindruck war noch zwiespältig. Auf der Bühne war ein rustikales Sommerhaus aufgebaut, auf dessen Veranda der 66-Jährige in ein imaginäres Abendrot sang. „I let my music take me where my heart wants to go“, sanftelte er im Opener „The Wind“, und das wechselnde Farbenspiel am Firmament über der Hütte zitterte sich in ein kitschiges Magenta.
Ein erstes Highlight war die dramatische Lesart von Edgar Winters „Dying To Love“. In dieser Pianoballade wird die Sinnhaftigkeit des Lebens in einer strikt kapitalistischen Welt angezweifelt, die Schlüsselfrage ist: „Why am I fighting to live, if I'm just living to fight?“ Auch im zart groovenden „Bitterblue“ ging es um innerweltliche Erlösung. Mit angemessener Dringlichkeit sang Yusuf „I gave my last chance to you, don't hand it back to me, Bitterblue“. Die Reaktionen waren da noch etwas verhalten. Erst mit dem paradiesische Zustände beschreibenden „Maybe There's A World“, das nahtlos in den Beatles-Song „All You Need Is Love“ überging, begann es im Saal zu gären.
Im zweiten Teil der Show spielten sich Yusuf und seine kleine Band beinah in Rage. Den Beginn machten eine rüde Adaption von Luther Dixons Blues-Klassiker „Big Boss Man“ sowie Yusufs kantiger
neuer Song „Editing Floor Blues“, der seine von Versuchungen jeder Art gewürzte Jugend im Londoner Westend der Swinging Sixties beschreibt.
Überraschenderweise kippte Yusuf seine bewährte Setlist an diesem Abend völlig und bot in Wien Lieder, die er auf dieser Tour bisher nicht gespielt hatte. Etwa das immer noch berührende „Sad
Lisa“, bei dem er herrlich tapsig E-Piano spielte. Auch die Version des patinierten Procul-Harum-Songs „The Devil Came From Kansas“ war ein Labsal. Erst recht die alten Hits von „I Love My Dog“
über „The First Cut Is The Deepest“ bis zu „Father & Son“ und „Wild World“. Schön, dass Yusuf aus seinem engeren religiösen Radius ausgebrochen ist und seine Aufmerksamkeit wieder auf die
ganze Welt gelegt hat.
[diepresse.com, 14. Nov. 2014]
Yusuf, der Mann, der Cat Stevens war,
gab ein Sitzkonzert in der Stadthalle.
Sollte es so etwas wie eine Verkörperung des alten Singer-Songwriter-Topos geben, dem zufolge das Leben ein steiniger, aber lohnender Weg ins gelobte Land ist, der den Reisenden als Bußgänger und Suchenden nach spiritueller Erlösung und innerem Seelenheil durch karge Täler, über hohe Berge und hinaus auf die unwirsche See führt, ehe sich bei einer Tasse Kräutertee im Morgengrauen wieder alles einrenken wird - dann, ja dann ist Yusuf unser Mann! In den 60er und 70er Jahren als zarte Folkrockversuchung Cat Stevens für die Damenwelt, nach einem Erweckungserlebnis als Yusuf Islam für den Propheten und seit seinem weltlichen Comeback im Jahr 2006 für die verlorene Seele in uns allen aktiv, geht es exakt um diesen Weg, der kein leichter ist.
Ankommen, Abfahren
In der heute für ein Sitzkonzert vor 4500 Besuchern bestuhlten Stadthalle Wien bietet die Bühnenkulisse das entsprechende Fundament. Und wenn sie als grusicalgleich gestaltete Bahnhofsattrappe
auch daran erinnert, dass Yusuf bei seiner letzten Ankunft am selben Ort den Märchenerzähler gab - was heute gottlob nicht wiederholt werden wird! -, assoziiert man wie folgt: Ankommen und
Abfahren, Zueinanderfinden und Abschiednehmen. Das Leben als Reise voller Überraschungen und Wendemanöver, verrückt! Aber auch die Straße von Bob Dylan und die Langstrecke der Menschheit zum
Frieden der Völker.
Die aktuelle Konzertserie ist nicht von ungefähr "Peace Train...Late Again Tour" benannt. Der Song "Peace Train" selbst, heute als hübscher Hadern von 1971 als erste Zugabe gereicht, beschwört immerhin eine diesbezügliche einstige Hoffnung. Für die Verspätung sorgte nun die Wirklichkeit etwa unter den Vorzeichen der Krise. Ob wir heute auch deshalb in der Stadthalle sind, weil sich das Geld auf dem Sparbüchl nicht mehr von alleine vermehrt, oder nicht: Mit aktuellen Songs wie dem von spirituellem Zischen und leisen rituellen Gongs umschmückten "I Was Raised In Babylon" jedenfalls wird sinnbildlich und deutlich pessimistischer vom Untergang einstiger (Hoch-)Kulturen erzählt.
Dramaturgisch umrahmt Yusuf diese Schiene, heute im Blues verwurzelt, mit problembewussten Songs wie dem Jimmy-Reed-Cover "Big Boss Man" oder dem der Apartheid geschuldeten "Gold Digger". Auch eine Interpretation Curtis Mayfields mit "People Get Ready" steht auf dem Programm. Sie kommt mit den Streichern von James Last nur leider im Seniorenmatinee-Remix daher.
Tatsächlich legt Yusuf, sonnenbebrillt, mit akkurat zugespitzter Bügelfalte und fünfköpfiger Band, auch den, nun ja, kämpferischen Teil des Auftritts so an, wie man es von einem Vorbild James Blunts erwarten darf. Ja, dieses Konzert ist eine prächtige, im Midtempobereich schunkelnde und die Nerven insofern wiederum schwer tätschelnde Metapher für den Vorruhestand.
Harmonischer Konflikt
Die Gelassenheit des Alters, vorweggenommen bereits im auch heute erklingenden "Father And Son", dem harmonischsten Generationskonflikt aller Zeiten, unterstreicht diesen Umstand als Welthit aus
der Teekesselwerbung auf rührende Weise. Und auch grundsätzlich emphatische, heute aber recht gemächlich und eben in Richtung Rente gedeutete große Songs wie "Wild World" oder "The First Cut Is
The Deepest", Notizen von jungmännlichem Herzeleid und "Oh Baby!"-technischer Pein wollen uns jungen Leuten eine erhebliche Lehre sein!
Am Ende dann aber: das Happy End - zumindest inhaltlich. Yusuf streicht "Trouble", seinen Göttersong für "Harold And Maude", und landet über "All You Need Is Love" von den Beatles als muslimischster Alt-Hippie im Herzen bei einem Spaziergang in der Mittagssonne. Die Lobpreisung des Tages. Die Verdammung der Nacht! Dort lauert eine Versuchung, die keinem Bußgänger zumutbar ist.
[wienerzeitung.at, 14. Nov. 2014]
Cat Stevens alias Yusuf begeisterte 4500 Besucher
in der Wiener Stadthalle
Es war 1975, als der englische Pop-Barde Cat Stevens vor dem kalifornischen Malibu beinahe im Meer ertrunken wäre. Dass ihn eine Welle wieder ans Ufer spülte, empfand der damals 27-Jährige als „Gottesfügung“. Einige Jahre später konvertierte er zum Islam, legte seinen Künstlernamen ab und nannte sich fortan Yusuf.
35 Jahre später hat er wieder spürbar Lust, Cat Stevens zu sein und, anstatt den Gesängen des Muezzin zu lauschen, wieder mehr sein eigenes Liedgut auszubreiten. „Peace Train“ hieß 1971 einer seiner größten Hits, und eben dieser „Friedenszug“ rollt nun wieder — und das mit Volldampf. Folgerichtig bildet ein Bahnhofsgebäude das anheimelnde Bühnenbild seiner danach benannten Tour — aber nicht etwa eines im maurisch-islamischen Stil, sondern wie aus dem Mittleren Westen der USA, Windrad und Wassertank inklusive.
„Vienna“ stand am Donnerstagabend auf der Haltestelle seiner musikalischen Reise durch fünf Jahrzehnte: „Very nice to be back here again, beautiful“, meinte der 66-jährige im grauen Anzug und mit noch grauerem Haar und Vollbart eingangs. Statt auf den Islam besann er sich an dem zweieinhalbstündigen Abend auf seine musikalischen Wurzeln in den 60er-Jahren:
Federleichte Balladen, leichtfüßige Rhythmen
Neben eigenen frühen Hits wie „Here Comes My Baby“ oder „I Love My Dog“ bot er auch seine Inspirationsquellen aus jener Zeit kongenial dar: „All You Need Is Love“ von den Beatles etwa, oder „The Devil Came from Kansas“ von Procol Harum, eine fetzige Blues-Nummer, die Stevens auch für seine formidable neue CD „Tell 'Em I'm Gone“ eingespielt hat. Der „Peace Train“ konnte in der Stadthalle eben da und dort auch zum Express werden, selbst wenn ihn die nach 45 Minuten Spielzeit eingelegte halbstündige Pause zunächst als nostalgischen Bummelzug erscheinen ließ.
Ebenso wie seine federleichten Balladen aus den 70ern, mit denen Cat Stevens das damalige Pop-Business (mit-) dominierte. Leichtfüßige Rhythmen wie „Morning Has Broken“, zu denen der Himmel über dem Bühnen-Bahnhof in optimistisches Morgenlicht tauchte, oder „Moonshadow“, zu dem das Dunkel der Nacht aufzog —nur zwei von vielen Höhepunkten, zu denen der Meister öfter die Gitarren wechselte als in einer Woche die Hemden. „Where Do the Children Play?“, fragte er mit kaum gealterter, immer noch grandioser Stimme, und die 4500, überraschenderweise oft jüngeren Besucher nahmen ihm ab, dass er das auch heute noch wissen will. So wie seine Stimme haben auch die nach 40 Jahren noch erstaunlich frisch wirkenden Songs kaum Patina angesetzt. „I am old, but I'm happy“, heißt es in seinem alten Welthit „Father and Son“, einer seiner letzten Zugaben, und das galt an diesem Abend auch für den am Ende vom Publikumszuspruch sichtlich Angetanen.
[volksblatt.at, 15. Nov. 2014]
B E R L I N
Tempodrom
20. November
Der Mann, der einmal Cat Stevens war,
begeistert 3000 Menschen in Berlin.
Vertraute Songs und ein bescheidener Rockstar aus vergangener Zeit sorgen in großer Halle
für einen sehr intimen Abend.
Ausverkauft, seit vier Wochen: Gut 3000 Menschen sind ins Tempodrom gekommen, um einem 66 Jahre alten Mann zuzuhören, wie er Stücke spielt, die vor vier Jahrzehnten Hits waren und denen er seitdem nichts sonderlich Erfolgreiches mehr hinzugefügt hat. Was sie dennoch anzieht, mag der Wunsch sein, für ein, zwei Stunden aus dem Hier und Jetzt zu treten, zurück in die eigene Vergangenheit zu reisen. Mit den Songs von Cat Stevens.
Von jenem Menschen, der er in den 60er- und 70er-Jahre einmal war – ein sehr weltlicher Lockenschopf mit bubenhaftem "hab-mich-lieb"-Blick – ist auch ihr Gastgeber inzwischen weit entfernt. Auf der Bühne steht an diesem Kreuzberger Abend ein Mann mit kurviger Biografie.
Die Kulisse sieht aus wie der Bahnhof einer Westernstadt, mit Wassertank, umher stehenden Kisten, windschiefen Fensterläden und dem Stationszeichen des heutigen Tour-Stopps: Berlin. "Peace Train" ist einer der Hits von Cat Stevens, der in den 70er-Jahren zum Moslem wurde und sich seitdem Yusuf Islam nennt. Punkt 20 Uhr betritt er langsam diesen Bahnhof, auf dem der Peace Train - verflixt nochmal - doch irgendwann eintreffen muss und alle Welt, Freunde und Feinde auf die versöhnende Reise in die Zukunft nehmen wird.
Yusuf gibt sich bescheiden, obwohl das Publikum vor Begeisterung aufschreit. In Lederjacke, gestreiftem T-Shirt und Jeans sieht er aus wie gerade von der Straße herein geschlendert. Einzig die Sonnenbrille erinnert entfernt daran, dass hier ein ehemaliger wiedergekehrter Folkrockstar steht, der 60 Millionen Alben verkauft hat.
"Ich liebe ihn, verdammt nochmal", hat uns die in Berlin lebende Elektro-Musikerin und Künstlerin Peaches vor Beginn der Show gesagt. Und das Berliner Publikum fühlt ähnlich. Seine Band gesellt sich zu Yusuf: Bass, zwei Gitarristen, Keyboard, Schlagzeug, und schon das zarte Saitenklimpern von Yusufs jahrzehntelangem Wegbegleiter Alun Davis lässt das Publikum jubeln. "The Wind" war das erste Stück seiner Platte "Teaser and the firecat" von 1971. Die Zuschauer, die meisten zwischen 40 und 60 Jahren, kennen jede Note.
Kein Hit fehlt an diesem Abend. "Morning has broken", "I love my dog" sind dabei. Bei "Sad Lisa" rollen dem muskulösen Mittfünfziger mit "Yusuf"-Tour-Hemd in der Reihe vor uns die Tränen herunter, und seine Begleiterin legt ihm sanft den Arm auf die breiten Schultern. Vor Beginn von "Where do the children play?" ist - sehr passend - der Schrei eines Babys zu hören. Nicht aus den Lautsprechern sondern aus dem bestuhlten Parkett, ganz vorn. "Das ist meine Enkelin" sagt Yusuf. Die Mutter mit Kopftuch, begleitet von ihrer Familie, ist Berlinerin. Bevor die Zugaben beginnen, spielt die Band das lang ersehnte "Father and son". Wie so oft an diesem Abend singt die Halle fast jede Zeile.
Mit einem Peace-Zeichen verabschiedet sich Yusuf Islam schließlich.
Mit einem Lächeln gehen die Zuschauer aus der Halle. "Schönen Abend noch", wünscht uns die Frau auf dem Stuhl links. "Kommen Sie gut nach Hause" sagt der Nachbar rechts.
Herzliche Verabschiedungen wildfremder Menschen nach einem Konzert? In Berlin? Hallo?
Dem muss schon etwas ganz Besonderes voraus gegangen sein.
[morgenpost.de, 21. Nov. 2014]
Yusuf/Cat Stevens kündigte sich mit neuem Album live in Berlin an, nahm sein Publikum jedoch mit auf eine Zeitreise.
Er ist glückliches Familienoberhaupt, Vollblut-Musiker und vor alledem ist Yusuf auch wieder Cat Stevens. Steven Demetre Georgiou stand auf der Bühne, ein Mann, der sich zwar nie so nannte, aber seinen Platz in der Welt gefunden hat.
Im Tempodrom schloss Yusuf Islam nicht nur Frieden mit seinen Persönlichkeiten, sondern auch mit seinen Fans. Jahrzehntelang ließ er sie allein, mit Songs wie „First Cut Is The Deepest“, „I Love My Dog“ und „Morning Has Broken“, allein mit Jugenderinnerungen, der Nostalgie der ersten Liebe, Herzschmerzerfahrungen und „Father And Son“. 3000 dieser Fans kamen versöhnlich ins Tempodrom und öffneten ihre Arme für den langersehnten Heimkehrer. Viele von ihnen hatten dafür eine weite Reise angetreten.
“Peacetrain” also. Eine Bahnhofsstation aus dem wilden Westen, ein paar Wassertanks, klapprige Fensterläden und ein Pfeifen, wie aus einem Western-Krimi brachten Yusuf Islam und Cat Stevens zurück auf die Bühne. Gemeinsam spielten sie den amerikanischen Blues seines aktuellen Albums “Tell’Em I’m Gone” als ein weltöffnendes, friedvolles Statement gegen die zunehmende Radikalisierung des Islam und als Anerkennung der Idole des einstigen Cat.
Dieser brachte Songs mit, die früher mal Hits waren und Yusuf spielte sie an diesem Abend zu Hymnen. Balladen, wie „Sad Lisa“ brachten dabei nicht nur die weiblichen Liebhaber zum Weinen, auch gestandene Männer verdrückten hier und da ein Tränchen, denn die warme Stimme der 1970er Jahre klang noch immer unverändert. „I love you Cat“, schrie eine Frau aus dem Zuschauerraum, und Yusuf antwortete, statt zu fliehen: „Thank you my dear“.
Wie klatscht man eigentlich Freudentränen? Im Tempodrom drückte man die Liebe zu diesem Künstler mit euphorischen Standing Ovations aus. Securities hatten keine Chance. Die „Alten“ sprangen auf und stürmten an den Bühnenrand, als wären sie wieder 16. Sie wippten, tanzten und klatschten im Takt und trauten sich bei „Father And Son“ und „Wild World“ sogar aus der Starre des Nichtfassenkönnens hinein in einen lautstarken Chor. “What a wonderful audience”, gab der 66-Jährige die Anerkennung zurück.
Der Yusuf und der Cat waren nun mehr keine zwei Gestalten. Der Stevens taute auf, wurde zunehmend lebendiger, ließ das Publikum mit Anekdoten an seinem familiären Glück teilhaben. Seine kleine Enkeltochter mit Berliner Wurzeln war anwesend, schrie sogar passend zu „Where Do The Children Play?“ live vor Ort, und Yusuf, der von seiner Frau eine Fußfessel mitgeschickt bekommen hatte, legte diese bei Seite. Denn der Mann, der an diesem Abend seine Lieder sang, teilte sein Herz mit seinen Fans und sprengte so die Ketten seiner Vergangenheit.
[bz-berlin.de, 21. Nov. 2014]
Sind wir hier richtig? Bei Yusuf Islam, dem Künstler, der früher bekannt war als Cat Stevens? Auf der Bühne steht ein Bahnhof aus dem Wilden Westen mit dem Schild "Berlin" vor Wasserturm und Windrad. Im Gestühl des Tempodroms sitzen Senioren. Sobald Yusuf in seiner Kulisse steht, mit Lederjacke, Schlaghose und Sonnenbrille, und "Morning Has Broken" singt, werden sie sich im Takt wiegen und dazu klatschen wie beim Fest der Volksmusik.
Cat Stevens war ein schöner Mann mit schwarzem Haar, der bunte Hemden trug und von der Sehnsucht nach dem Sinn des Lebens sang. Auch er begab sich in den Sechziger- und Siebzigerjahren auf die Suche. Keine Heilslehre ließ er auf seinen spirituellen Reisen aus, er war Buddhist und Kommunist, er wurde Yogi und Tarotmeister. Als er vor 40 Jahren vor der Küste Kaliforniens zu weit hinausschwamm, schickte er ein Stoßgebet zur Rettung in den Himmel. Er wurde erhört und an den Strand gespült. Den Gott, dem er sich anvertraut hatte, fand er als griechisch-orthodox erzogener Popstar im Koran.
Der Konvertit nimmt in der Popgeschichte einen Ehrenplatz ein. Als Bob Dylan vom Juden- zum Christentum übertrat, als Prince vom Schweinepriester zum Mormonen wurde und den "Wachtturm" in der Nachbarschaft verteilte, fanden wir, das sei ihr gutes Recht als jeglicher Vernunft enthobene Stars. Wer zählt die Scientologen, nennt die Namen? Solange es ihrem Werk nicht schadet? Und solange Dylan weiter Gott lästert und Prince die Onanie besingt?
Cat Stevens hatte mit dem Religions- und Namenswechsel auch sein Werk verworfen. Aufgrund einer mittelalterlichen Weisung hatte Yusuf sämtliche Gitarren über Sotheby's versteigern lassen und Koranschulen gegründet. Manchmal drangen wirre Botschaften aus seiner Welt nach außen, mal verteufelte er Schwule und mal Salman Rushdie. In der Dämmerung des 20. Jahrhunderts trat er wieder auf, zwar in muslimischen Gewändern, aber mit fabrikneuen Gitarren.
Er sang "Wild World" gegen Landminen in Bosnien und "Peace Train" für die Kinder im Irak. Der 11. September 2001 regte ihn dazu an, mit seinen Mitteln für den friedlichen Islam zu missionieren. Was zu merkwürdigen Platten führte, auf denen er Suren sang, und zu Konzerten, in denen er andächtig über die Bühne wandelte und von mobilen Telefonen abriet, während er "Moonshadow" sang.
Im Tempodrom tritt er als Yusuf und Cat Stevens auf, mit Schrägstrich. Er spielt seine Klassiker, in denen es schon 1970 hieß, dass er zwar alt sei, aber glücklich. Er spielt Hits, die er für andere geschrieben hatte wie "The First Cut Is The Deepest". Er spielt Hits von anderen wie "All You Need Is Love" von den Beatles und "People Get Ready" von Curtis Mayfield, eine Hymne des modernen Christentums. Yusuf/Cat Stevens spielt wieder elektrische Gitarre und elektrisches Klavier und singt in seinen grauen Bart mit 66 wie ein 26-Jähriger. "I Was Raised In Babylon" heißt eines seiner neuen Lieder, in denen seine Inkarnationen im Duett zu hören sind.
"Tell 'Em I'm Gone", das neue Album, versöhnt Yusuf sogar mit dem jungen Mann, der erst Cat Stevens werden sollte und der durch die Clubs von London zog, um amerikanische Musik zu hören, Miniröcke zu bewundern und sich zu betrinken. Produziert wurde die Platte von Rick Rubin, der es immer wieder schafft, die Veteranen daran zu erinnern, wer sie einmal waren. Es wird Hörer geben, die in Yusufs Fassung von "The Devil Came From Kansas", einem Blues von Procul Harum, islamistische Tendenzen wittern. Sie werden am T-Shirt-Stand die "Wanted"-Tassen registrieren und das Buch "Why I Still Carry A Guitar" aus einem seltsamen arabischen Verlag.
Cat Stevens musiziert derweil vor seinem Westernbahnhof wie ein Outlaw. Yusuf, der Lokomotivführer des "Peace Train". Unterwandert er die westliche Kultur? Nie klang die Frage einfältiger als in einer Zeit, in der sich Rapper aus dem Westen dem IS anschließen. Lassen wir die Moschee im Dorf: Der Konvertit, der Kunst und Kirche voneinander trennt, kann singen, wo und was er will.
[welt.de, 21. Nov. 2014]
Cat Stevens verkaufte in seiner Karriere bisher über 100 Millionen Tonträger, schrieb zahlreiche Hits.
Ende der 70er konvertierte nach einem schweren Badeunfall zum Islam, nannte sich fortan Yusuf und verschwand aus der Popwelt.
Seit einigen Jahren aber ist Yusuf alias Cat Stevens zurück,
macht neue Alben, spielt Touren.
Donnerstagabend war er mit neuer Platte im Gepäck
im ausverkauften Tempodrom zu hören.
Was für ein weiser, warmer, herzlicher Mann er ist, der Yusuf, der früher mal Cat Stevens hieß und der Einfachheit halber im folgenden noch so genannt wird. Und was für ein cooler Hund dabei.
Ganz lässig kommt er auf die Bühne geschlendert, in blauer Lederjacke, mit getönter Brille, Haare und Vollbart eisgrau. Hinter ihm ein aufwändiges Bühnenbild, die hölzerne Kulisse eines alten
Westernbahnhofs, allerdings mit einem verwitterten Berlin Schild daneben. Die Gitarre in der Hand setzt sich cat Stevens auf einen Hocker, seine Band kommt dazu und los geht’s.
Groß wirkt Cat Stevens wenn er über die Bühne geht zu seinem Piano, aufrecht für sein Alter, kräftig. Ein entschlossener, aber genügsamer Mann. Wo andere sich jahrzehntelang über Gebühr abfeiern lassen für die drei Hits die sie in ihrem Leben geschrieben haben, lächelt er freudig aber bescheiden hinter seinem Bart in sich hinein. Wenn die dreitausend Fans im ausverkauften Tempodrom jedes Songintro vorfreudig beklatschen. Wenn sie bei den ganz großen Songs, Father and Son, Wild World, Morning has broken aufstehen, singen, sich Paare die Hände drückend aneinander kuscheln, Männer in Lederjacken feuchte Augen bekommen. Nicht übertrieben. Das Gute dabei: Nie wird es nostalgisch. Dazu ist Cat Stevens viel zu sehr im hier und jetzt, viel zu präsent, dazu legt er zu viel Gefühl und Energie in die Songs, wie er den Hals etwas vorreckt beim Singen, die Stirn kraus zieht, die Augen schließt, mitreißend, obwohl es ja fast nur Balladen gibt. Zwischen den Liedern ist der 66-jährige manchmal etwas atemlos obwohl er fast die ganze Zeit sitzt. Ein Zeichen dafür, mit wie viel Kraft er singt. Ganz stark auch seine Band, größteneils junge Burschen, mit ihren Instrumenten wie verwachsen, genau so bescheiden wie der Chef. Am besten ist der Drummer, sieht kaum älter aus als 20, grinst bei jedem Schlag, als wäre es das großartigste was man im Leben überhaupt tun könnte: Hier und jetzt für Cat Stevens Schlagzeug zu spielen.
Isses wahrscheinlich auch.
Neben den ganzen Hits spielt Cat Stevens auch ein paar neue Sachen, gute Sachen, die sich gut einfügen in den ganzen Kanon der Klassiker. Und die Fans zeigen Charakter, feiern die neuen Songs fast genau so, gehen nicht Bier holen, rufen nicht ständig irgendwas dazwischen. Nach über zwei Stunden und vier Zugaben verabschiedet sich Cat Stevens dann von den Leuten, mit den Fingern ein Peace Zeichen in die Luft reckend . Seine Fans, längst sind sie hordenweise direkt vor die Bühne geeilt, tun es ihm nach. Diese Gesten, dieser Mann, diese Stimmung, diese Songs… all das lässt auch später Geborene noch ein Mal nachfühlen, warum manche tatsächlich mal dachten, dass Musik die Welt verändern und den Frieden bringen kann. Lange her, schade eigentlich. Cat Stevens alias Yusuf gestern im Tempodrom.
[inforadio.de, 21. Nov. 2014]
Yusuf Islam gibt im Berliner Tempodrom ein schönes Konzert, bei dem er auch viele seiner alten Cat-Stevens-Lieder singt.
Alles sehr gediegen, sehr gesetzt im Tempodrom. Theater-Gong. Schlag acht. Pünktlicher Beginn. In den Sitzreihen fast ausschließlich ältere Herrschaften. Und schlich da nicht eben noch Gunter
Gabriel vorbei. Oben auf der Bühne, der unauffällige, freundlich charmante, ältere Mann am Mikrofon sagt nicht: „Hello, I’m Yusuf Islam!, er sagt auch nicht: „Hello, I’m Cat Stevens“, sondern
hängt sich einfach die große Gibson-J200-Akustikgitarre um und singt: „I swam upon the devil’s lake, but never, never, never, never, I’ll never make the same mistake“.
Aber wer ist dieser bescheidene, fast demütige Mann nun eigentlich, dessen Stimme so weich ist wie sein langer weißer Bart und seine milden Augen hinter einer getönten Brille? Kann das wirklich
jener Yusuf Islam sein, der als Konvertit 1989 den Mordaufruf Khomeinis gegen Salman Rushdie unterstützt hat, und der 1994 in einem Interview mit Thomas Gottschalk verkündet hat, er habe nicht
die Absicht, je wieder Musik zu machen, es sei denn der Schmetterling würde sich wieder in eine Raupe zurückverwandeln.
Hat er sich zurückverwandelt? Oder ist es nur eine Art von Mimikry, wenn Yusuf sich seit einigen Jahren wieder westlicher Popmusik zuwendet, wenn er sich selbst covert, sein abgelegtes Alter Ego
Cat Stevens und dessen hübsche Lieder: „Here Comes My Baby“, „Moonshadow“, „Where Do The Children Go“. Sehr zart, glatt, lieblich. Wenn in einer netten Lucky-Luke-Western-Kulisse sitzt, mit einer
formidablen Band – Bass, Drums, zwei Gitarren, Keyboards – alle in gestreiften Ringelhemden, wie die Daltons.
Aber vielleicht geht es in diesem Konzert wirklich nur um die Musik und ihre einfachen Botschaften, mit denen Yusuf, heute ganz zurückhaltend und unausgesprochen, sonst auch für den Islam wirbt:
Liebe und Frieden. Aber passt dann dazu auch noch die Aufforderung: Wenn dir nach singen ist, dann sing, und wenn du frei sein willst, nimm dir die Freiheit? Es hat etwas Rührendes. Und
musikalisch wird es immer brillanter. Vor allem auch die neueren Songs, die noch nicht so abgenudelt wirken, haben es in sich: „Midday“, „Roadsinger“. Und „Editing Floor Blues“ mit wunderbar
gegenlaufenden rhythmischen Betonungen, wie eine Mischung aus Muddy Waters und Bo Diddley. Yusuf singt heute sogar besser, reifer, uneitler als Cat Stevens, ganz ohne das leicht meckrige
Ziegentimbre von einst. Makellos.
Alte R’n’B-Klassiker rocken formidabel, während Yusuf eine knackige elektrische Dobro spielt: Sam Cookes „Another Saturday Night“ sowie eine umwerfend groovende Version von „You Are My Sunshine“. Nach 2 Stunden, springen ebenso die Gediegensten aus ihren Sitzen zum furiosen Finale. „Oh baby, baby, it’s a wild world“. Yusuf Islam sei kein guter Typ, sagt Rushdie. Aber kann jemand, der so schöne Lieder so wunderbar singen kann, ein schlechter Mensch sein?
[tagesspirgel.de, 21. Nov. 2014]
D Ü S S E L D O R F
Mitsubishi Electric Hall
25. November
Wenn Menschen im gesetzten Alter plötzlich stehen, dann muss das einen Grund haben. „Standing Ovations“ sagt der Brite dazu, und auf der Bühne fühlt man sich geschmeichelt. „I love you“ kommt es von Cat Stevens/Yusuf, den der Abschluss seiner Europatournee (mit beiden Namen) nach Nordrhein-Westfalen geführt hat.
In einen Bahnhof aus dem Wilden Westen, mit Windrad und Wasserturm, windschiefen Fensterläden und dem Ortsschild Düsseldorf. So das seltsame Bühnenbild, vor dem sich der Altbarde mit fünf jungen Musikern aufgebaut hat und das technische Equipment hinter allerhand Kisten und Kästen verschwinden lässt.
66 Jahre jung ist der schlanke Mann, dessen Haar und Bart grau geworden sind, dessen Stimme aber immer noch so warm und vertraut klingt wie einst in den 60er und 70er Jahren. Damals war er noch Cat Stevens, der „Morning has broken“, „Moonshadow“ und „Father and son“ gesungen und damit Welterfolge errungen hat. Dafür benötigte er eine Gitarre und ein Mikrofon, fertig. Die Songs schrieb er selbst, trat meist allein auf, war für alles verantwortlich. Auf diese Weise avancierte er zu einem ganz Großen der Szene, 60 Millionen verkaufte Alben sind der beste Beleg dafür.
Als er Ende der 70er Jahre zum Moslem wurde, sich Yusuf nannte und all seine Gitarren verkaufte, schien das Ende der Karriere recht früh gekommen zu sein. Zuerst hörte man nichts von ihm; später spielte er dann doch noch Songs ein, konnte damit aber nicht mehr die Radiosender erreichen und schon gar nicht die Charts stürmen.
Es wurde still um ihn, zumindest in Deutschland. Daher war es eine überraschende Nachricht, dass dieser Mann wieder auf Tournee ging. Und es warf die Frage auf: Kann er es noch? Die Antwort fiel positiv aus. Er kann es, und er hat in der Tat eine Vielzahl guter Stücke auf den Markt gebracht. Schön, dass er sie in Düsseldorf mit seiner Band ein wenig abwandelte und vor allem instrumental erweiterte. „Sad Lisa“ und „Where do the children play“ bekamen ein runderneuertes Gewand und hörten sich noch besser an. Dass er sein neues Album „Tell ‘em I‘m gone“ vorstellen wollte, war verständlich. Alles ein wenig fetziger, rockiger, jazziger, aber nur ein wenig. Anders, aber nicht besser.
Der Brite sandte auch einige musikalische Reminiszenzen an geschätzte Kollegen wie Nina Simone, Edgar Winter, Procol Harum und die Beatles. Das „All you need is love“ kam schon ein wenig überraschend, die Verbeugung für Nelson Mandela („He is a good man“) war nachvollziehbar.
Als endlich der „Peace Train“ im Bahnhof einlief, war das Ende des Konzerts fast gekommen. Eine Zugabe mit einem Dreierpack musste reichen, dann war er genauso geräuschlos verschwunden, wie er gekommen war. Nicht ohne einen sehr positiven Eindruck hinterlassen zu haben. Ob als Cat Stevens oder als Yusuf, das durften sich die 3400 Besucher selbst aussuchen.
[wn.de, 26. Nov. 2014]
Der Mann, der sich einst Cat Stevens nannte und heute Yusuf heißt, wartet auf den Zug. Nicht alleine. Fünf Freunde, ebenfalls Musiker, harren mit ihm am Bahnhof aus. Der Mond geht auf, der Morgen graut und irgendwann dämmert es wieder.
Glücklicherweise weiß Yusuf, wie er sich die Zeit vertreibt – und denen, die ihm beim Warten zusehen, den 3400 Zuhörern in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf: Er singt, spielt Gitarre, sitzt am Klavier. Vor allen Dingen aber macht er eines: ein rund zweieinhalbstündiges Konzert wie im Nu vorbeihuschen lassen.
Zugegeben, die Konzerthalle versprüht an diesem Abend ein wenig Phantasialand-Flair. Anders als bei modernen Rock- und Popkonzerten, bei denen bunte Filmchen über riesige LED-Wände flimmern, um auch visuell für ein besonderes Erlebnis zu sorgen, setzen die Bühnenarbeiter bei Yusufs Tour auf Handarbeit. Da haben sie doch tatsächlich ein richtiges Bahnhofshäuschen aufgebaut – zumindest von außen. Am Rand steht ein Ortsschild, „Düsseldorf“ ist darauf notiert. Die Silhouette eines Windrades ragt in den Himmel. Eine Bank steht da, ein Wagenrad und einige Kisten liegen verstreut herum.
Dazwischen hat sich Yusufs Band verteilt. Der 66-jährige Brite hat die meiste Zeit eine Gitarre umgeschnallt. Mal steht er, mal nimmt er auf einem Hocker Platz. Bescheiden lächelt er, bedankt sich demütig, verbeugt sich und macht Witze. Als der „Peace Train“ schließlich einläuft, scheint es nur kurz so, als ob die Band den Zug nimmt und mit ihm davon fährt. Die Musiker kommen zurück, bleiben noch ein wenig da. Es ist ja schließlich das letzte Konzert der Europa-Tour.
Steven Demetre Georgiou alias Cat Stevens alias Yusuf Islam alias Yusuf – so chameleonartig sich der Künstler mit seinen Namensbezeichnungen gibt, so vertraut ist der kleine Mann mit dem Bart und der prägnanten Stimme seinen Fans, als er im Rampenlicht steht und die Zuhörer ihn aus dem Zuschauerraum der vollbestuhlten Halle mit tosendem Beifall begrüßen. „Moonshadow“ heißt der erste Song, eines seiner bekanntesten Stücke. Das hat etwas von einem Versprechen: Heute wird geklotzt. Aus den Lautsprechern kommen alle bekannten Hits – und neues Material vom eben erschienenen Album „Tell ‘Em I’m Gone“.
Wer im Publikum sitzt und nicht weiß, welche Songs, die mittlerweile durch die Bank zu Evergreens geworden sind, aus Cat Stevens’ Feder stammen, wird am Ende erleuchtet mit der Masse in die Düsseldorfer Nacht gespült werden. Das nachdenkliche „Father & Son“, ein beliebtes Coverstück, gehört dazu, genauso die Herzschmerz-Ballade „First Cut Is the Deepest“. Liebe ist auch das zentrale Thema in „Wild World“, ebenfalls einverleibt von vielen bekannten Musikern wie Jimmy Cliff oder Mr. Big. In „Where Do the Children Play“ wird’s gesellschaftskritisch mit der Erkenntnis, dass sich die Welt immer weiter verändert, aber bei allem Fortschritt keine Rücksicht auf die nachfolgenden Generationen gelegt wird.
Seine erste Single aus dem Jahr 1966, „I Love My Dog“, enthält Yusuf den Zuhörern auch nicht vor. „Wir werden ein wenig jazzy heute Nacht“, kündigt er das Stück an. Den Charme des Wilden Westens versprüht „Roadsinger“ mit schwelgerischem Klavier. Hippie-Flair bringt, obwohl erst ein paar Jahre alt, „Thinking ‘Bout You“ mit.
Einen großen Teil des zweiten Sets nimmt der Blues ein – was Yusufs aktuellem Album zu verdanken ist. Dort hat er den Spieß umgedreht, sich seine Lieblingsmusiker vorgeknöpft und selbst reichlich Songs gecovert. „Ich habe früher viele R-’n’-B-Platten gehört“, erklärt er. Das sei ein Teil seiner Jugend gewesen. Yusuf stellt Edgar Winters „Dying to Live“ vor und auch das von Luther Dixon und Al Smith geschriebene „Big Boss Man“. „You Are My Sunshine“ kennt jeder. Die Version von Ray Charles habe ihn am meisten beeindruckt, gibt der Musiker zu, personalisiert die Nummer aber auf seine Art. Eigene Bluesnummern gibt es mit „Raised in Babylon“ und „Gold Digger“ auch. Schön, denn Songwriting kann Yusuf am besten.
[soester-anzeiger.de, 26. Nov. 2014]
Die Fans haben ihn wieder: Yusuf Islam alias Cat Stevens! Nach London, Brüssel, Mailand, Paris und Wien trat der vielgeliebte Rock-Folk–Sänger am Dienstagabend auch in Düsseldorf auf und die deutschen Fans begrüßten den 66-Jährigen mit der samtenen Stimme und den einfühlsamen Texten überschwänglich.
„Morning Has Broken“, „Father and Son“ und „Moonshadow“ sind zu Recht Klassiker. In der „Mitsubishi Electric Hall“ als Bühnendekoration aufgebaut: eine Bahnhofsstation aus dem wilden Westen mit windschiefen Fensterläden, ein paar Wassertanks, herumstehende Kisten und das Stationszeichen des Tour-Stopps: Dusseldorf.
Ein Pfeifen wie aus einem Western-Krimi bringt Cat Stevens auf die Bühne. Mit der Sonnenbrille, dem weißgrauen, korrekt getrimmten Bart, mit Lederjacke, gestreiftem T-Shirt und Jeans sieht er aus, wie gerade mit dem Zug angekommen: ein wiedergekehrter Folk-Rockstar, der über 60 Millionen Alben verkauft hat.
Auslöser für seine Entscheidung zum Islam zu konvertieren, war das traumatische Erlebnis, fast zu ertrinken. Cat Stevens war beim Schwimmen vor Malibu Beach vom starken Wellengang überrascht
worden. Die Legende will es, dass er in seiner Verzweiflung Gott um Hilfe rief und das Meer ihn tatsächlich aus seiner Umklammerung entließ.
1977 konvertierte Cat Stevens zum Islam und fand als Yusuf Islam seinen religiösen Frieden. Inzwischen hat er gelernt, Cat Stevens und seine Musik wieder als Teil seiner selbst zu akzeptieren.
Die Konzerte sind Ausdruck dieser Erkenntnis und einer positiven Einstellung zu den Abschnitten seines Lebens, die ihn mit seiner Fangemeinde verbinden.
Und so ist die Stimmung bei ihm und den Besuchern zwischen 25 und 70 Jahren hervorragend, seine Begleitband in Topform, die „Peace Train … Late Again“-Tour kann beginnen. Cat Stevens bringt Songs mit, die früher mal Hits waren und bei vielen mit Jugenderinnerungen, wie der ersten Liebe und anderen Herzschmerz-Erfahrungen verbunden sind. Die Melodien sind den meisten im Gedächtnis, der Text geläufig, sodass das Mitsingen nicht schwer fällt. So bei „Oh, I'm being followed by a moonshadow...“, wobei der Himmel im Hintergrund aufleuchtet und nicht nur die weiblichen Fans die eine oder andere Träne herauslassen, denn der warme Klang der 1970er Jahre verzaubert noch immer unverändert - Balladen werden an diesem Abend zu Hymnen, das Publikum ist sichtlich gerührt.
Stevens hat aber nicht nur Evergreens im Gepäck, sondern auch „Tell ’em I’m gone“, sein neues Studioalbum als Yusuf. Obwohl Stevens neben fünf eigenen neuen Titeln auch Coverversionen von anderen Künstlern wie Procol Harum für das Album aufgenommen hat, scheinen die 3400 Besucher aber vorwiegend gekommen zu sein, um in der Vergangenheit zu schwelgen. Offensichtlich möchte er aber davon als Yusuf Abstand nehmen und bietet stattdessen rockige Versionen seiner Welthits an und wechselt dafür zu E-Gitarre oder Keyboard, so bei „Sad Lisa“. Nach dem spritzigen „If You Want to Sing Out, Sing Out” kommt die Pause.
Ein halbe Stunde später geht es mit dem munteren, freundlichen 66-Jährigen abwechslungsreich weiter, der seine persönlichen Lieblingssongs spielt, wobei auch Evergreens wie „You Are My Sunshine“ und der Beatles-Titel „All You Need Is Love“ mit dabei sind. Den Zuschauern sind allerdings die früheren Hits wichtig, wie „Morning has broken", „I love my dog“, „Where do the children play?“, „Wild World“, „The First Cut Is The Deepest“, wobei „Lady D’Arbanville“, trotz Zurufen aus dem Publikum nicht dabei ist.
Nach über zwei Stunden Spielzeit und zwei Zugaben verabschiedet sich Cat Stevens/Yusuf mit den Fingern ein Peace-Zeichen bildend dann von seinen Fans, die die Liebe zu diesem Künstler mit euphorischen Standing Ovations ausdrücken. Sie klatschen im Takt, wippen, tanzen und singen mit besonders bei „Another Saturday Night” und dem absolut grandiosen „Father And Son“, wobei die Zeile „I am old, but I’m happy” da wohl für Fans und den Star gleichermaßen passt.
[lokalkompass.de, 26. Nov. 2014]
Selbstverständlich sind wir erwachsen. Seit etlichen Jahrzehnten sogar. Erwachsen wie die anderen 3400 in der Mitsubishi-Halle. Aber kaum schlägt Yusuf, in den 70er-Jahren als Cat Stevens ein
Weltstar, drei Akkorde auf seiner Gitarre an, wandert das gefühlte Lebensalter bedenklich Richtung Backfisch, kollektiv.
Der 66-Jährige Brite startet entspannt ins letzte Konzert seiner Europa-Tour. Es sind Textzeilen wie „When I see your eyes I can see rainbows in the sky“ und Klassiker wie „I love my dog“, die in
Minuten zuckrigen Retro-Schmelz über das emotionale Epizentrum der Zuhörer gießen.
Bei „Moonshadow“ verklären sich die Blicke, schwillt vereinzeltes, zartes Mitsummen zum Choral an. „Da war ich 15“, sagt unsere Begleitung trocken, eine eher analytische Natur also.
Das Publikum aber gehört zur Generation „Hier-und-Jetzt“. Die wenigen, die ihre Mobiltelefone lange emporrecken, werden von Ordnerinnen gebeten, damit aufzuhören. Die Halle ist –
Songwriter-Abend! – bestuhlt. Tragisch nur für jene Pärchen, die solche Konzerte nur in Löffelchenstellung genießen können. Sie malen sich mit dem Kugelschreiber Herzchen auf die Unterarme. „The
first Cut is the deepest“ tropft es von der Bühne.
Klar, es gilt auch, den neuen Tonträger „Tell ‘Em I’m gone“ bekannt und erwerbenswert zu machen. Trotzdem legt Yusuf den Schwerpunkt deutlich auf seine musikalische Vergangenheit.
Musik aus dem Schlafzimmer
Zum sehr großen Vergnügen der Gäste spielt er „If you want to sing out, sing out“ aus „Harold and Maude“. „Vermutlich
habt ihr die Platte auf dem Dachboden oder in der Garage“, flachst er, als er Lieder aus dem 1970er-Album „Tea for the Tillerman“ anspielt. „Wir haben sie im Schlafzimmer!“ kommt aus dem
Publikum.
Nach der Pause zitiert Yusuf als Hommage Hits von Procol Harum oder Ray Charles. Mit einem „Dies ist kein Lied zum
Tanzen“ stimmt er das Kirchenlied „Morning has broken“ an.
Er hat recht. Es ist ein Lied für rhythmische Zeitlupen und stehenden Applaus.
Der Sänger und Songwriter Yusuf Islam war am Dienstag in Düsseldorf.
Hier während der Proben zum abendlichen Konzert auf der Bühne.
[derwesten.de, 27. Nov. 2014]
Heute nennt er sich Yusuf Islam und unter den 3400 Fans ist die Stimmung zunächst etwas gedämpft. Da ist die Spannung, die bange Befürchtung, dass da vielleicht mehr Yusuf und weniger Cat Stevens sein könnte. Hat er sich verändert?
Was für eine Zeitreise! Es hatte was von einem Klassentreffen nach vielen, vielen Jahren. Haare und Bart sind weiß, der Mann in der unauffälligen Lederjacke und den bescheidenen Baumwollhosen scheint so gar nichts mehr zu tun zu haben mit dem 28-Jährigen, wie wir ihn noch vor 38 Jahren erlebt haben.
Cat Stevens nannte er sich damals, und der Mädchenschwarm mit den dunklen Locken sang verträumt, mit einer geradezu schüchternen Zurückhaltung von Liebe, Sehnsucht und Verlust. Heute nennt er sich Yusuf Islam, und das Bühnenbild in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Hall mit der alten Bahnhofsstation im Westernlook signalisiert die Botschaft des Abends: Ich war eigentlich nie weg, ich befand mich nur auf einer langen Reise, aber ich bin zurück.
Die Stimmung unter den 3400 Fans ist zunächst etwas gedämpft. Da ist die Spannung, die bange Befürchtung, dass da vielleicht mehr Yusuf und weniger Cat Stevens sein könnte. Hat er sich verändert? Und das, obwohl der 66-Jährige gleich mit einem seiner Hits den Abend eröffnet. "Moonshadow", von dem er mal sagte, es sei eines seiner Lieblingslieder, weil es ein Lied über die unerschütterliche Hoffnung sei. Ist das schon eine Message? Dann geht es ganz weit zurück, in die Zeit, wo der Sohn eines Zyprioten und einer Schwedin in London mit 18, 19 Jahren unsagbaren Erfolg hatte mit Songs wie "Here Comes My Baby" oder "I Love My Dog", das er in einer etwas jazzigen Version vortrug. Und als er nach "Sad Lisa" "Sitting" anstimmt, da merkt man plötzlich, dass die Texte des jungen Stevens sich tatsächlich übertragen lassen ins Heute: "Oh I'm on my way, I know I am, somewhere not so far from here".
Und man fragt sich, warum man so manchen Text damals nicht altklug empfand, so wie bei "O Very Young", in dem es um die Vergänglichkeit der Jugend geht, darum, dass man nur sehr wenig Zeit für seinen Tanz auf dieser Erde hat und die Träume so schnell verblassen wie das Blau der Jeans.
Bei "Where Do Children Play" scheint der Bann zwischen dem ruhigen, sehr entspannt wirkenden Künstler und den Fans endgültig gebrochen. Ja, seine Stimme ist tiefer und brüchiger geworden. Doch es ist immer noch Cat Stevens, auch bei den Blues- und R 'n B-Nummern, die er einstreut. Es bleibt immer dieser charakteristische sehnsüchtige Sound der "Katze" in der Stimme. Aus manchen Nummern hat er das Tempo etwas rausgenommen.
Ganz am Schluss lässt er bei "Wild World" sogar das "böse Mädchen" weg. Es ist nicht mehr das Lied des Jungen, der sich auch körperlich nach seinem Mädchen sehnt, sondern die mahnenden Worte eines Vaters. Höhepunkt des Abends: "The Foreigner Suite". Hier ist er ganz Cat Stevens, klar, leidenschaftlich, unverstellt - fast wie vor 38 Jahren. Am Schluss gibt es begeisterten Applaus.
[rundschau-online.de, 27. Nov. 2014]
Ein bisschen Frieden mit Cat Stevens
Am Anfang der Reise ist man schon etwas genervt - von all dem Guten, das wir von der Welt erwarten dürfen und vor allem ihr geben können. Höchstwahrscheinlich sind in keinem Konzert je so oft Frieden und Liebe und Liebe zum Frieden besungen worden. Irgendwann aber kommt die Zeit, da macht man es sich bequem im "Peace Train"; es wird freundlich und redlich, heiter und stimmungsvoll. Und am Ende ist es dann doch noch ein schönes Konzert mit Cat Stevens in der ausverkauften Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle.
Dabei gibt es Cat Stevens im Grunde gar nicht mehr, nachdem er Ende der 70er Jahre nach vielen Sinn- und Glaubenssuchen endlich beim Islam angekommen war und sich fortan Yusuf Islam nannte. Das
schien im übrigen auch das Ende seiner Musik zu sein. Er verkaufte seine Gitarren und gründete stattdessen Koranschulen. Bis nach der soundsovielten Best-of-Einspielung vor acht Jahren mit "An
Other Cup" überraschend ein neues Album erschien - von Yusuf. Zur aktuellen Peace-Train legte Yusuf mit "Tell'em I'm Gone" auch ohne imponierende Blues-Stimme ein bluesiges Album vor inklusive
etlicher Verbeugungen vor Jimmy Reed und Bo Diddley, den Beatles und den Animals. Cat Stevens ist als Cat Stevens wieder zurückgekehrt sowie mit Yusuf als seinem ständigen Begleiter und stillen
Rechtfertiger. Denn richtig toll findet die muslimische Gemeinde seine Popkonzerte nach wie vor nicht.
Doch der Friedens-Zug ist nicht zu stoppen, fährt unbeirrt weiter und ist nun in die letzte Station der Europareise eingefahren - das ist Düsseldorf. Passend dazu die alberne Kulisse einer leicht heruntergekommenen Bahnstation aus dem Wilden Westen, mit Windrad, Wassertank, schiefen Fensterläden. Und neben den Gleisen steht sogar ein Ortsschild; darauf ist "Düsseldorf" zu lesen.
Das ist alles so wie eine nicht sehr originelle Kulisse zu einem Dickens-Musical. Und ähnlich routiniert beginnt der Sänger auch, der seine Band links und rechts hinter Zäunchen und Kistchen platziert hat. Wir hören "I love my dog" und "Here Comes My Baby" aus den Sechzigern und "All You need Is love" von den Beatles; zu "Morning Has Broken" färbt sich der Bühnenhimmel erbarmungslos rot und zu "Take This Hammer" der Applaus seiner Fans schon ein wenig grau. Doch mit seinem Hit "If You Want to Sing Out, Sing Out" aus "Harold and Maude" gibt er uns ein paar Zeilen mit in die Pause. "And If You Want To Be Free, Be Free" summt mancher bei Bockwurst und warmem Plastikbecherbier in der Vorhalle.
Die Pause tut Cat Stevens gut; Yusuf scheint sich ohnehin schon zur Ruhe begeben zu haben. Er entschuldigt sich jetzt für die nicht so glanzvolle Gegenwart ("sorry, another new song") und entdeckt die Leidenschaft fürs legendäre Alte: "Don't Let Me Be Misunderstood", "Another Saturday Night", "Peace Train" und "Father And Son" beatmen die Musikgeschichte, bringen den Zug ins Rollen. Der graubärtige 66-Jährige hat jetzt einfach Spaß am Pathos seiner Lieder, und weil die Menschen in der Halle auch wegen solcher Heldengeschichten gekommen sind, bejubeln sie ihn und sich und das Leben, das mit der warmen und immer noch so erstaunlich hellen Stimme gleich etwas leichter und luftiger erscheint.
Cat Stevens ist kein Missionar oder Guru. Nur ein freundlicher Reisender mit Gitarre, der die aus halb Deutschland sogar mit Wohnwagen Angereisten nach schönen zwei Stunden auf die Rückreise schickt. Aber erst einmal in den doofen Parkplatzstau hinein mit dem Lied auf den Lippen: "And If You Want To Be Free, Be Free".
[rp-online.de, 27. Nov. 2014]
Folk-Legende Cat Stevens alias Yusuf gab in der Halle
an der Siegburger Straße ein umjubeltes Konzert.
Die Gefühle, mit denen Menschen aus einem Konzert kommen, sind vielfältig: Sie können glücklich, enttäuscht, traurig, aggressiv sein. Alles ist drin, je nach Künstler und Musikstil. Cat Stevens vermittelt inneren Frieden. Oder besser: Er schenkt ihn. Denn er zwingt keinem etwas auf und schwingt keine großen Reden. Der 66-jährige Engländer nimmt sich selbst nicht wichtig. Dafür aber das Leben und alle anderen. Und hinterher ist klar: Wären alle so wie er, dann wäre die Welt ein Stück weit besser und angenehmer. Wenn er in der Halle an der Siegburger Straße auf der Bühne steht, dann gibt Cat Stevens für die 3500 Menschen, die vor ihm sitzen, beileibe kein leises Konzert. Dafür kracht es manchmal zu ordentlich im Gebälk. Seine Band kann einen schönen Wumms entfachen, wenn es nötig ist. Es wird dann bluesig und hier und da bahnt sich sogar mal ein Stück Rock ’n’ Roll den Weg hinein in diese Singer-und-Songwriter-Andacht des Mannes mit der Gitarre.
Sogar totgenudelte Evergreens bekommt er unpeinlich hin
Trotzdem ist das Konzert ein Konzert der Stille. Es folgt nicht einfach einer Liste mit Songs, die nacheinander abgehakt werden, bis am Ende alle Hits gespielt sind. Es erzählt eine Geschichte. Fürs Erzählen nimmt sich Cat Stevens zwei Stunden Zeit. Er spricht von früher, als die Musik von Beatles, Leadbelly, Ray Charles und Sam Cooke ihn auf den Pfad der Tugend führte. Soul und Beat. Rock und Blues. Er erzählt davon, wie er all diese Platten hörte und selber anfing, zu komponieren. Kurzum: Wie er zu jenem Mann wurde, der auf der europäischen Seite des Atlantiks als einziger Bob Dylan etwas entgegenzusetzen hatte. Sogar einen totgenudelten Evergreen wie „All you need is love“ bekommt er unpeinlich hin. Das grandiose „Don’t let me be misunderstood“ klaut er der großen Nina Simone in dreieinhalb Minuten, als wäre es nichts.
Aber Cat Stevens macht eben keinen Wirbel darum, wie das andere tun würden. Er plaudert lieber nett und freundlich und spricht von den 60er und 70ern wie einer, der gerade im Fotoalbum seiner Jugend blättert. Für die Welt ist es bis heute ein großes Ding, dass er sich irgendwann einen Bart wachsen ließ und zu Yusuf, dem Muslim, wurde. Er aber lässt Religion und Politik und Ideologien und Gerüchte draußen in der kalten Novembernacht. Lieber ordnet er alles der Musik unter.
Menschen jedes Alters und aller Kulturkreise im Publikum
Der modern arrangierten Musik aus einer Zeit, in der sich „maybe“ noch auf „baby“ reimte und für romantisch-tragische Wahrheiten wie „The first cut is the deepest“ noch Platz in den Herzen der Menschen war. In der ein Aufruf wie „Morning has broken“ noch dazu aufforderte, Gutes zu tun und in der eine Fahrt im „Peace train“ noch nicht als uncooles Hippiegedöns abgetan wurde. Cat Stevens hören bei diesem letzten von drei Deutschlandkonzerten Menschen jedes Alters und aller Kulturkreise zu. Menschen, die sich in der Konzertpause im Foyer auf Niederländisch, Englisch, Türkisch und Deutsch unterhalten und die dabei lächeln. Sie wissen eben: Die Welt mag auch im 21. Jahrhundert noch eine „Wild world“ sein.
Außerdem ist Stevens schon 66 und der Bahnhof, vom dem aus er einst als Kind und Künstler losfuhr und der hinter ihm als Kulisse steht, ist verfallen. Aber der Zug des Friedens rattert immer noch daran vorbei. Mehr unter Dampf als je zuvor. Nötiger als je zuvor. Mit Yusuf am Steuer.
----------------------------------------------
Cat Stevens (eigentlich Steven Demetre Georgiou) kam 1948 als Sohn eines Griechen und einer Schwedin zur Welt. Sein drittes Album „Tea For The Tillerman“ (1970) und Songs wie „Sad Lisa“ oder „Wild World“ machten ihn zum Weltstar. 1977 konvertierte Stevens zum Islam, wurde zu Yusuf und verschwand für Jahrzehnte von der Bildfläche, ehe er 2006 das Album „Another Cup“ veröffentlichte. Seine Konversion ist bis heute ein öffentlich ausgiebig diskutiertes Thema. Yusuf wurde mehrfach religiöser Extremismus vorgeworfen. Er widersprach diesen Gerüchten stets und erhielt in den vergangenen zehn Jahren zahlreiche Menschenrechtspreise.
[wz-newsline.de, 27. Nov. 2014]